So wie im vergangenen Jahr (siehe: „Siebenmeilenstiefel: Schlemmermeilen-Wandern in Höchenschwand“), so fahre ich auch in diesem Jahr wieder mit einigen Freunden in den Südschwarzwald nach Höchenschwand, um zu wandern und auf der Schlemmermeile zu feiern und zu schlemmen.
Unsere erste Wanderung geht mittwochs zum Feldberg, dem höchsten Berg des Schwarzwaldes. Die Autos stellen wir auf dem großen Parkplatz in Menzenschwand ab und fahren mit Bus und Bahn dank Konus-Karte kostenlos bis zum Feldberger Hof. Nach einem kurzen Besuch im Haus der Natur fahren wir mit dem Lift bis hinauf auf den Seebuck, einen von mehreren Gipfeln des Feldberg-Massivs.
Nach einem Foto am Bismarckdenkmal geht es weiter auf dem Emil-Thoma-Weg durch das Moor im „Grüble“, wo gerade der schöne Blaue Sumpfstern, eine sehr seltene Enzianart, in voller Blüte steht. Auch das Sumpf-Herzblatt blüht zurzeit, während die Preiselbeeren bereits Früchte tragen.
Unten im Wald biegen wir auf den schwierigen Felsenweg ein, der uns mit schönen Aussichten belohnt. Zurück am Feldberger Hof, steigen wir weiter hinab durch das Menzenschwander Albtal bis zur Klause (Gletschermoräne). Dann geht es durch die schmale Schlucht an den Albfällen hinunter zum Gasthaus „Kuckuck“, wo wir eine kurze Einkehr halten. Noch einige hundert Meter und wir erreichen unsere Fahrzeuge, die uns nach der etwa 12 km langen Wandertour wieder nach Höchenschwand zurückbringen.
Der nächste Tag ist verregnet. Peter und Henry fahren umher und besichtigen Kirchen. Wir anderen unternehmen eine äußerst anstrengende Tour. Äußerst anstrengend nicht für die Beine, sondern für die Geldbörse. „Shoppen in St. Blasien“ ist der Titel der etwa 2 km langen Wanderung inklusive der obligatorischen Dom-Besichtigung. In einem Seitengang des Doms steht ein halb geöffneter Sarkophag. Der Inhalt gibt mir eine ungefähre Vorstellung davon, wie ich in einigen Jahrzehnten trotz aller Bemühungen aussehen werde. Ein Grund, in Häusern noch eine ausgiebige Schnapsprobe über uns und unsere Geldbörsen ergehen zu lassen.
Am Freitag regnet es etwas weniger. Wir fahren nach Waldshut und besichtigen die romantische Altstadt. Anschließend gehen wir hinunter zur Rheinpromenade und laufen bis in die Schweiz nach Koblenz, wo die Aare (nicht die Mosel!) in den Rhein mündet.
Peter und Henry machen einen Kurztrip zum „Spotting“ (Flugzeug-Fotografie) nach Zürich-Klothen.
Ansonsten steht der Samstag ganz im Zeichen der Schlemmermeile. Außerdem hat Resi Geburtstag. Zum Freibier-Fassanstich treffen pünktlich die Staffelläufer aus Arradon, der französischen Partnergemeinde von Höchenschwand ein. Mehr als 1000 km haben sie zurückgelegt.
Die Eröffnungsreden werden vom Tourismus-Chef Sebastian Stiegeler, dem Vorsitzenden des Kurvereins Wolfgang Heinen und der Bürgermeister-Stellvertreterin Eva Jenzen-Georgii gehalten. Die Stimmung ist ausgesprochen gut und die französischen Gäste tanzen wie der Teufel.
Ich selbst habe alle Hände voll zu tun, um die vielen Bekannten und Freunde in Höchenschwand zu begrüßen und trotz Freibier nicht dem Alkohol zu verfallen, denn ich muss bis zum Abend noch fahrfähig bleiben.
Meine Kolpingsfamilie und der kath. Kirchenchor haben wieder einen großen Trödelstand aufgebaut. Ein Teil des Erlöses wird an die Straßenkinder nach La Paz in Bolivien gehen, wo der Bruder unseres Geyer Pastors Neuenhofer wirkt (sihe: „Frank Elstner, Padre José (Pfarrer Josef Neuenhofer) und die Straßenkinder von La Paz“ und „Borussia Mönchengladbach, Höchenschwand und die Straßenkinder von La Paz: Ein Wochenende mit Padre José„).
Mittags probieren wir das uns von Heidi, der guten Seele der Pension Linde, empfohlene „Zander-Gröschtelte“. Auch das Gulasch im ausghöhlten Steinofenbrot ist köstlich. Ich persönlich freue mich allerdings am meisten auf das Spanferkel zum Abendessen.
Wir gönnen uns aber erst einmal eine kleine Schlemmermeilen-Pause und fahren ein paar Kilometer Richtung Süden, um eine Runde durch das Tiefenhäuserner Moor zu drehen, wo die Stendelwurz, eine Orchidee, gerade im Verblühen ist. Der Sonnentau befindet sich schon im Fruchtstand und vereinzelt finden wir auch noch Moosbeeren.
Abends geht es wieder auf die Schlemmermeile. Im Gegensatz zum vorigen Jahr ist es heuer recht kühl. Warme Kleidung ist angesagt. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch. Um 23 Uhr beginnt das große Schlemmermeilen-Feuerwerk. Inzwischen haben sich auch Rita und Matthias, unsere Heppenschwander Freunde zu uns gesellt. Nach dem Höhenfeuerwerk lade ich unsere Truppe ein, mit an Hennings Bar zu gehen. Das habe ich Henning versprochen. Um unsere Promille auf ein höchstmögliches Niveau zu katapultieren, trinken wir das leckere Spezialgetränk „Wodka-Karamel“. Dann haben wir genug …
Während die anderen direkt von der Schlemmermeile aus in ihre Betten in der Linde und der Dorfschmiede fallen können, begleiten uns Rita und Matthias noch bis nach Hause, also bis quasi zum Ende des Dorfes.
Am Sonntag besuchen einige von uns die Messe in St. Michael. Danach macht sich ein Trupp auf, um den Felsenweg in Höchenschwand zu begehen.
Nachmittags treffen wir uns wieder alle auf der Schlemmermeile, die wir bis zum bitteren Ende auskosten. Die Trachtenkapelle Höchenschwand spielt auf und Rita und Matthias treffen wir auch wieder.
Am Montag gilt es, die angelegten Fettreserven wieder loszuwerden. Wir fahren zur Wutachmühle. In Bonndorf machen wir beim Fabrikverkauf „Adler“ halt, um uns mit Schwarzwälder Schinken einzudecken.
Von der Wutachmühle aus beginnen wir unsere Wanderung durch die Wutachschlucht. Wegen eines Erdrutsches war sie im vorigen Jahr teilweise gesperrt. Nun hat man um diese gefährliche Stelle herum zwei Behelfsbrücken gebaut. Und so können wir endlich den sehenswerten, aber schwierig zu begehenden Wiedereintritt der Wutach queren. Über den Rümmelesteg bis zur Felsengalerie kämpfen wir uns vor, um dort eine ausgiebige Pause zu machen. Resi hat in der Dorfschmiede Laugenbrez’n gekauft und verteilt sie zusammen mit dem Adler-Schinken. Vielen Dank, Resi!
Zurückkehren zur Wutachmühle oder weiterwandern bis zur Schattenmühle – das ist die große Frage des Tages. Wir wissen nämlich nicht, ob von der Schattenmühle aus bei unserer Ankunft noch ein Bus Richtung Wutachmühle zu unseren Autos fährt. Nach einer Weile steht der Entschluss fest: Alle sind risikobereit und wollen weiterwandern. Dafür sehen wir auch viel: Weißen und Blauen Eisenhut, Storchenschnabel, den Großen Pestwurzrüssler, Schmetterlinge wie den Kaisermantel, den Mohrenfalter und den Kleinen Eisvogel und genießen natürlich die herrliche Landschaft!
Am Standort des ehemaligen Bad Boll stehen Informationstafeln, die uns über die Geschichte aufklären. Der Ort, von dem nur noch die Kapellen-Ruine steht, wurde von den Engländern im 19. Jh. erbaut. Die Engländer waren die ersten, die die Wutachschlucht in weiten Bereichen für den Tourismus erschlossen haben.
Zu den Highlights der Wanderung zählen zweifelsohne auch die Wasserfälle, die uns besonders bei der heutigen Hitze eine schöne Abkühlung bringen.
Nach etwa 16 km Wanderung erreichen wir um 17:33 Uhr an der Schattenmühle noch den letzten Bus, der uns zu unseren Autos an der Wutachmühle bringt.
Um 20 Uhr sitzen wir dann wieder beim „Kirner“ (Dorfschmiede), wo traditionell montags der Abschluss der Schlemmermeile, der sogenannte „Handwerkerhock“ gefeiert wird. Ich habe viel Angst um meine heute verloren gegangenen Fettreserven und esse erst einmal 3 Steaks. Unglaublich viel Spaß gibt es an diesem Abend. Wir haben alle lange nicht mehr so viel gelacht, geschunkelt und gesungen: „Ruut, ruut , ruut, ruut sinn de Ruuse“ singen wir, „Rot, rot, rot, rot sind die Rosen“ singen die anderen Gäste. Das geht aber unter, weil wir Rheinländer dank der Erzeugnisse der Rothaus-Brauerei noch viel lauter als sonst singen können. Besonders die rheinische Soloeinlage „Jo-joo, jo-joo, nä-nää, nä-nää“!
Erika und ich bleiben noch einige Tage in Höchenschwand, aber von den Anderen gilt es am Dienstag, Abschied zu nehmen. Die Autofahrer müssen sich auf Staus und die Zugfahrer auf eine Umsteige-Odyssee einrichten, denn ein Teil der Zugstrecke ist bei Rastatt wegen eines eingestürzten Tunnels und der darüber abgesackten Gleise voll gesperrt.
Nachdem ich die Zugfahrer am Bahnhof in Seebrugg verabschiedet habe, fahre ich nach Moos an den Bodensee, wo ich die seltenen Moorenten und den Fischadler fotografiere. Den Bericht darüber findest Du hier: Ohne Moos nix los – Moorente und Fischadler am Bodensee
Und hier findest Du viele weitere Berichte aus Höchenschwand:
- Höchenschwand 2018 – 25-jähriges Schlemmermeilenjubiläum
- Siebenmeilenstiefel: Schlemmermeilen-Wandern in Höchenschwand
- Wer niemals war in Höchenschwand, kennt nicht das schöne Badner Land!
- Dorf am Himmel: Engels-Gesang im Schlaraffen-Ländle – Zur Schlemmermeile Höchenschwand Teil I
- Dorf am Himmel: Fassanstich, Spanferkel und Feuerwerk im Schlaraffen-Ländle – Zur Schlemmermeile Höchenschwand Teil II
- Dorf am Himmel: Widerbart, Abschied, Hüpfburg und Trachtenkapelle im Schlaraffen-Ländle – Zur Schlemmermeile Höchenschwand Teil III
- Dorf am Himmel: Handwerkerhock und Ausklang im Schlaraffen-Ländle – Zur Schlemmermeile in Höchenschwand Teil IV
- Dorf am Himmel: Schlemmermeilenlos überleben mit Insekten und Wildblumen
- Blumenteppiche in Höchenschwand
- Borussia Mönchengladbach, Höchenschwand und die Strassenkinder von La Paz: Ein Wochenende mit Padre José
- Flower Power – Fronleichnam in Höchenschwand
- Wutachschlucht – Wanderfreude mit Wanderfreunden
- Überm Himmelreich geht’s weiter – Wandern für Fortgeschrittene