Seit langer Zeit schon will ich einmal die Kampfläufer bei der Balz fotografieren. Ein besonderes Schauspiel sind das extravagante Gefieder der Männchen und ihre Schaukämpfe. Wegen des Klimawandels ziehen sich die Brutpaare immer mehr nach Norden zurück. Aber in Süd-Dänemark lässt sich die Balz (noch!) beobachten.
Im Internet lese ich, dass die Kampfläufer von Mitte April bis Mitte Mai balzen. Am 09. April 2019 fahre ich Richtung Niebüll, wo ich ein Hotelzimmer gebucht habe. Zuerst aber mache ich einen Abstecher zum Ochsenmoor bei Diepholz. Bereits kurz vor Sonnenaufgang treffe ich dort ein. Das einzige Auto, welches ebenso zeitig vor Ort ist wie ich, hat ein Dürener Nummernschild und gehört einem mir bekannten Fotografen. Gleiches ist mir ja schon im vorigen Jahr im Ochsenmoor passiert (siehe: Pralles Leben im Norden Teil I – Im Ochsenmoor).
Neben den üblichen Verdächtigen im Moor (Kiebitz, Uferschnepfe, Kampfläufer) entdecke ich eine seltene Isländische Uferschnepfe und am Aussichtsturm, dass eine Rohrweihe gerade beim Nestbau ist. Ich informiere meinen Bekannten aus Düren und wir fotografieren gemeinsam die Rohrweihe, die regelmäßig mit Nistmaterial angeflogen kommt.
Am späten Vormittag setze ich meinen Weg Richtung Niebüll fort. Überraschend ruft mich Peter an. Er ist mit seinem Wohnmobil bereits in Niebüll und wartet auf mich. Abends gehen wir erst einmal lecker essen. Gute Fischrestaurants gibt es in Niebüll leider nicht, sondern nur in Dagebüll. Deshalb weichen wir im „Wattwurm“ auf das übliche Schweinefleisch aus. Trotzdem sehr lecker und atmosphärisch!
Am nächsten Tag fahren Peter und ich gemeinsam in das Kampfläufer-Gebiet nach Dänemark. Jedoch sind die Kampfläufer noch nicht richtig in das Prachtkleid durchgemausert. Schade! Von Balz keine Spur. Einige Uferschnepfen, Rotschenkel, Pieper, Lerchen und Stelzen können wir ablichten. Das war’s.
René informierte mich, dass die Kampfläufer-Balz auch am Rickelsbüller Koog beobachtet werden kann. Leider ist dort ein Drahtgitter-Zaun errichtet worden, so dass man die Tiere nicht aus dem Auto heraus auf der dänischen Seite fotografieren kann.
Am nächsten Tag fahren wir über den Hauke-Haien-Koog zum Beltringharder Koog. An der ersten Aussichtshütte erwische ich ein Blaukehlchen. Viel mehr Interessantes können wir nicht in entsprechender Qualität fotografieren.
Während Peter am nächsten Tag zum Katinger Watt fährt, mache ich mich auf den Weg nach Helgoland. Hierüber werde ich aber noch gesondert berichten.
Jedenfalls düse ich zweieinhalb Wochen später noch einmal Richtung Norden. Vor Hamburg ist ein Stau mit einer dreiviertel Stunde Verzögerung gemeldet. Mein hochintelligentes Garmin-Navi weiß das und leitet mich geschickt um den Stau herum. Die geniale Umleitung kostet mich 1 1/2 Stunden mehr. Diesmal logiere ich nicht in Niebüll, sondern in Dagebüll. Ausschließlich wegen der Fischbuden und Fischrestaurants!
Mein Hinweg führt mich über das Odinsloch und das Wöhrdener Loch bei Meldorf. Dort sehe ich, neben Dunklem Wasserläufer, Rotschenkeln, Flussuferläufer, Bruchwasserläufer usw. endlich den ersten Kampfläufer im Prachtkleid. Und meine erste Fasanen-Henne. Am Wöhrdener Loch sogar einen Fasanen-Hahn.
Dort begegne ich auch den Wildpferden (Koniks), die sich mit ihren Fohlen den Magen voll Gras und Schilf füllen.
Weiter Richtung Dagebüll, fotografiere ich die knallgelben Rapsfelder mit den dahinter stehenden Windrädern gegen den blauen Himmel.
Der nächste Tag wird wieder anstrengend. Mehr als zwei Stunden muss ich fahren, um in das Kampfläufer-Brutgebiet zu kommen. Ich fahre bereits um 3:30 Uhr von Dagebüll aus los, um gegen 5:45 Uhr, pünktlich zum Sonnenaufgang vor Ort zu sein. Denn die Balz der Kampfläufer soll hauptsächlich morgens stattfinden, wie ich las.
Im Morgenlicht des Sonnenaufgangs kann ich ein paar schöne Stimmungsfotos schießen. Faszinierend ist der Ein- und der Abflug der tausenden von Weißwangengänsen (auch Nonnengänse genannt), die hier Nahrung suchen. Unglaublich ist der Sound, wenn sich abertausende der Gänse in die Luft erheben.
Tausende von Goldregenpfeifern erwarten mich. Sie sind jedoch super scheu und fliegen sofort auf großen Sicherheitsabstand, sobald ich mich mit dem Auto nähere.
Das eigentliche Sperrgebiet wird um 7 Uhr geöffnet. Dort darf man nicht aussteigen, und es herrscht dort auch absolutes Halteverbot. Wer aber fotografieren will, muss einfach kurz oder lang anhalten und den Motor abstellen, damit die Vibration nicht für unscharfe Bilder sorgt.
Auf der westlichen Seite des Weges kann ich zwar Kampfläufer fotografieren, aber die Balz spielt sich im Gegenlicht auf der östlichen Seite ab. Dort balzen die Kampfläufer heftig. Aber ich habe keine Chance, um brauchbare Fotos zu bekommen. Wenigstens einen Löffler, auch Löffelreiher genannt, kann ich ablichten. Sogar mit einem Beutefisch im Schnabel.
Relativ frustriert fahre ich nachmittags zurück nach Dagebüll. Vielen Fahrzeugen mit Deutschen Kennzeichen begegne ich: Rostocker, Rügener, Plöner. Alle suchen wohl an der Nordsee Abwechslung von der Ostsee.
Bin ich den weiten Weg zum zweiten Mal umsonst gefahren? Ich schaue in den Wetterbericht. Am nächsten Tag soll es trüb und trocken werden. Also kein Gegenlicht bei der morgendlichen Balz. Ich verlängere spontan meine Dagebüller Ferienwohnung um einen Tag und fahre am nächsten Morgen wieder Richtung Kampfläufer. Es ist der 1. Mai.
Prompt werde ich gegen 5 Uhr morgens unmittelbar hinter der Dänischen Grenze von der dortigen Polizei angehalten und kontrolliert. Zum Glück habe ich nicht in den Mai hinein gefeiert und bin vollkommen nüchtern…
Der Wetterbericht hat mir nur die halbe Wahrheit erzählt. Trübe ist es, trocken nicht. Immer wieder kommt Sprühregen auf. Trotzdem ziehe ich mein Vorhaben durch.
Kurz vor 7 Uhr ist das Sperrgebiet zufällig schon geöffnet. Leider fliegen die Kampfläufer, ähnlich den Goldregenpfeifern auch sofort auf, wenn ich mich mit dem Auto nur nähere.
Quel malheur! Wieder umsonst die lange Fahrt auf mich genommen? Verzweifelt fahre ich über eine Stunde lang das Sperrgebiet langsam rauf und runter, halte ab und zu an.
Quelle surprise! Plötzliche lässt sich ein ganzer Schwarm Kampfläufer und Kampfläuferinnen etwa 10-15 Meter neben meinem Auto auf der östlichen Seite nieder! Wichtig sind die Kampfläuferinnen, denn ohne Mädels keine Balz!
Und tatsächlich – jetzt wird gebalzt auf Gefieder komm raus! Genau das, was ich so lange schon ersehnt hatte! Wegen des schlechten Lichts sind zwar viele Fotos nichts geworden, aber trotzdem ist das Ergebnis überaus sehenswert! Mein Kalkül ist voll aufgegangen!
Die nächsten zwei Fotos zeigen einen männlichen Kampfläufer in seinem Prachtkleid. Zuerst im „Normalzustand“ und danach in aufgeplustertem Zustand bei der Balz.
Und hier weitere Fotos aus dem Brutgebiet der Kampfläufer in Dänemark:
Glücklich fahre ich zurück nach Dagebüll, wo ich mich mit Matjesbrötchen und später einem „Dreimaster“ (drei Sorten Fischfilet mit Bratkartoffeln, Sahne-Dillsauce und Salat) im Hotelrestaurant Neuwerft ausgiebig belohne.
In Dagebüll lege ich noch einen „Ausruh-Tag“ ein und fahre am Freitag, den 03.05. wieder Richtung Nordeifel. Allerdings lege ich unterwegs noch einen Zwischenstopp ein, um mich über den Fortgang der diesjährigen Uhubrut in einem mir bekannten Steinbruch zu informieren. Aber auch darüber werde ich gelegentlich noch berichten.