Nachdem ich vergeblich versucht habe, die Wiedehopfküken noch einmal zu fotografieren (siehe: Der Wiedehopf, der Wiedehopf, der schenkt der Braut ’nen Blumentopf – Grillen bei Wiedehopfs) ist der Wiedehopf für mich quasi gegessen. Zum Glück treffe ich einen ebenso Wiedehopf-frustrierten Fotografen-Kollegen, der mir erzählt, dass er am Tag zuvor in der Reiherkolonie bei „meinen“ Purpurreihern war und die Jungvögel schon fast flügge und damit gut zu fotografieren sind.
Jetzt wolle er Bienenfresser fotografieren. Wir tauschen bekannte Bienenfresser-Standorte aus. Er will sie in den nächsten Tagen testen.
Mit Kumpel Peter fahre ich also am nächsten Wochenende von Höchenschwand aus die rund 250 km zur Reiherkolonie.
Welch ein Unterschied zu meinem letzten Besuch (siehe: Schwarzer Hals und roter Hals – Purpurreiher und Schwarzhalstaucher im Naturraum „Nördliche Oberrhein-Niederung“ )! Die Purpurreiherchen sitzen nicht mehr versteckt und vom Elternteil gehudert im Nest, sondern turnen fröhlich am Nest herum.
Einige üben den Fisch- und Froschfang, indem sie blitzschnell zustoßen und Stöckchen oder Pflanzen aus dem Wasser fischen.
Andere üben das Flügelschlagen. Die meisten schaffen es schon, mit Unterstützung der Flügel vom Boden hoch in das Nest zu fliegen/zu hüpfen.
Wieder andere sammeln Material und tun so, als wollten sie ein Nest bauen.
Zänkische Lachmöwen keilen und streiten sich wie die Kesselflicker.
Irgendwann jedoch wird ihre Aufmerksamkeit auf die jungen Purpurreiher gelenkt, und sie simulieren Angriffe auf die Jungvögel, indem sie knapp über deren Köpfe hinweg fliegen. Die Purpurreiher sind beunruhigt und genervt zugleich. Auch, wenn sie die Köpfe Richtung Möwe recken, um sich zu wehren: Die Möwen sind zu schlau, um zu niedrig und damit für die Reiher erreichbar zu fliegen. Die Möwen treiben das Spiel anscheinend auch nur mit den Jungen, die jetzt noch kleiner sind und damit auch durch Flugbewegungen die Möwen nicht erreichen können.
So beschäftigen sich die Purpurreiher-Kinder oder werden beschäftigt, während die Eltern unermüdlich Futter sammeln.
Die Küken scheinen genau die Zeit zu kennen, zu der die Elternvögel mit neuem Futter anrücken. Lange bevor wir ein erwachsenes Tier im Anflug sehen, sind die Küken, die vorher noch außerhalb des Nestes herumgeturnt sind, einmütig im Nest versammelt. In den meisten Nestern befinden sich vier Geschwisterchen. „Met vier Puute wörre mir en kinderreiche Familich. Un ärm. Denn die Pänz koste vill Jeld und vill Nerve.“. So in etwa würde ein Purpurreiher aus der Gegend um Köln seine Familienverhältnisse kommentieren.
Es ist übrigens so, dass alle Elterntiere der Reiherkolonie innerhalb kurzer Zeit eintreffen, um ihren Nachwuchs zu versorgen. Wie einst die Rosinenbomber bei der Blockade Berlins 1948. Danach ist die gesamte Reiherkolonie wieder für einige Zeit verwaist und die „Kleinen“ sind sich selbst überlassen.
Das Elterntier landet im Nest und die Jungvögel betteln aufgeregt nach Futter. Sie wissen genau, wann der Elternvogel die gesammelten Leckerbissen hochgewürgt hat. Dann gibt es kein Halten mehr. Ein Küken schnappt frech den Schnabel des Elterntieres und zieht ihn mitsamt Kopf nach unten. So sieht es jedenfalls aus. Überfallartig stürzen sich die Geschwister über das Elterntier und man kann nur noch ein großes Knäuel sehen, ohne die etwa vier Jungen und das Elternteil auseinander halten zu können.
Dort, wo die Küken schon so gut wie flügge sind, landen die Eltern nicht im Nest, sondern nebenan. Sie bleiben dann hocherhobenen Hauptes auf dem Nachbar-Schilfbüschel stehen, als wollten sie sagen: „Ihr seid jetzt groß genug, sorgt doch selber für eure Mahlzeiten, wenn ihr Hunger habt! Ich jedenfalls lasse mir immer mehr Zeit, euch das Futter zu geben. Bis ihr es kapiert habt! Wenn ihr wollt, könnt ihr ja rüberkommen und euch das Futter holen!“.
Die Purpurreiherkinder betteln, aber wen sollen sie körperlich anbetteln? Mama oder Papa sind zu weit weg. Ich beobachte, dass die jüngeren Geschwister das älteste Küken anbetteln. Ein Mutter-/Kind-Spiel sozusagen.
Irgendwann lässt sich der Elternvogel dann doch erweichen und fliegt in das Nest, würgt die mitgebrachten Leckereien aus, und die ganze Meute stürzt sich wie die Hyänen über Mama, Papa und den mitgebrachten Labskaus.
Fotos alleine können das gar nicht richtig dokumentieren. Deshalb filme ich den Vorgang in der Reiherkolonie mal vorsichtshalber. Auch die Übungen der Jungvögel. Das gesamte Filmchen kannst du dir hier ansehen:
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Die Purpurreiher sind damit auch abgefrühstückt. Jetzt konzentriere ich mich auf die Bienenfresser. Der Fotograf, den ich am Anfang des Berichtes erwähnte, informierte mich über eine tolle Bienenfresser-Location. Davon aber demnächst mehr.
…… und wieder ein amüsanter und mit hervorragenden Bildern bestückter Bericht.
Du un Pitter maat et joot
gr heinz
Hallo Heinz,
danke für deinen Kommentar!
Wie beim Wiedehopf, so war ich auch bei den Purpurreihern genau zum richtigen Zeitpunkt vor Ort. Das Glück hat man nicht immer.
Hat das bei euch mit dem Mittleren Sonnentau geklappt? Habt ihr die von mir beschriebene Stelle gefunden? Der ist ja dort kaum zu übersehen.
Liebe Grüße
Ronald