Dass es in der rauen Eifel Stellen mit mediterranem Klima gibt, ist lange nicht jedem bekannt. Besonders in der Vulkaneifel gibt es erloschene Feuerspeier, die eine Fauna beherbergen, welche man in Deutschland höchstens noch am Kaiserstuhl findet.
Mehrfach besuche ich in der Vulkaneifel Anfang September einen der Lavaberge, die sich für den Naturfotografen wegen ihrer seltenen Fauna besonders lohnen.
Sogar eine seltene Heuschreckensandwespe sehe ich bei einem meiner Besuche. Sie ist so schnell von Blüte zu Blüte unterwegs, dass mir leider kein Foto von ihr gelingt.
Auf dem Weg vom Auto zum Vulkankegel suche ich die Büsche nach Gottesanbeterinnen ab. Bei jedem Schritt schrecke ich einige der dort zahlreich vorkommenden Blauflügeligen Ödlandschrecken auf, die sich mit leuchtend blauen Flügeln einige Meter fortbewegen, um dann wieder auf dem Weg zu landen. Das geht so schnell, dass ich zwar die Ödlandschrecken irgendwann in Ruhestellung fotografieren kann, jedoch nie im Flug. Vielleicht gelingt es mir irgendwann doch einmal.
Auf dem Kegel angekommen, ist es auf dem Plateau und an den Hängen oft nicht leicht, sich fortzubewegen. Ständig trete ich auf kleineres Lavageröll und muss aufpassen, dass ich das Gleichgewicht nicht verliere.
U.a. um den Bestand der acht Orchideenarten, die hier wachsen zu erhalten, lässt man Kaschgora-Ziegen auf dem Gelände weiden. Ich habe allerdings den Verdacht, dass der Schwund an den zahlreichen Schmetterlingen, die früher hier zu sehen waren, am Abgrasen der vielen Blütenpflanzen liegt. Ich bin allerdings kein Biologe und weiß auch nicht, wann die Ziegen auf das Gelände gelassen werden.
Die Mauereidechsen, die hier ein schönes, warmes Zuhause gefunden haben, finden einen reich gedeckten Tisch. So mancher fetter Falter sorgt für einen vollen Reptilien-Magen.
Im August und September sind die eigentliche Sensation jedoch die Europäischen Gottesanbeterinnen. Hier ist wohl das nördlichste Vorkommen dieser Art in Europa. Die großen Insekten sind unglaublich gut getarnt und zwischen den Blättern von Pflanzen kaum zu erkennen. Wer sie noch nie gesehen hat, kann sie eigentlich nur bemerken, wenn sie sich mal bewegen oder sogar fliegend den Ort wechseln. Dann sehen sie aus, wie fliegende Großlibellen.
Vor mir fliegt eine Gottesanbeterin im Licht des späten Nachmittags den Weg entlang. Schon freue ich mich über diese Entdeckung, da erscheint wie aus dem Nichts ein Vogel und schnappt mir das Insekt vor der Nase weg. Das geht so schnell, dass ich noch nicht einmal erkennen kann, was für ein schräger Vogel das war.
Die kleinen, schmalen Männchen heißen auch Gottesanbeterin. Die männliche Emanzipation und gendergerechte Sprache haben sich bei den Gottesanbeterinnen/Gottesanbetern wohl noch nicht durchgesetzt. Das mag daran liegen, dass die kleinen, schlanken Männchen voll auf dicke, fette, große Weiber stehen, die so gefräßig sind, dass sie die armen Kerle oft genug verspeisen, nachdem diese ihre ehelichen Pflichten erfüllt haben. Wer behauptet, beim Sex zu sterben sei der schönste Tod, der sollte mal im nächsten Leben als Gottesanbeter auf die Welt kommen… Ich persönlich kann jedem nur raten, nach dem Sex zufrieden einzuschlafen und im Schlaf friedlich zu sterben.
Aber zurück zum prallen Leben in der Vulkaneifel.
Neben einem schmalen Männchen entdecke ich irgendwann auch ein adäquates Weibchen. Als fotografierender Mensch finde ich die dicken, fetten Gottesanbeterinnen (Mantis religiosa) tatsächlich auch attraktiver als die kleinen, dünnen Männchen. Ich hoffe nicht, dass das daran liegt, dass ich für das nächste Leben bereits als Gottesanbeter vorgesehen bin. Das würde auch meine Leidenschaft für die Kirchenmusik im jetzigen Leben erklären. Langsam bin ich beunruhigt. Vielleicht hilft es mir, dass ich (vorsichtig ausgedrückt) nicht ganz so schmal bin, wie es sich für ein Gottesanbeterinnen-Männchen geziemt. Ich überlege ernsthaft, ob ich statt zu reduzieren, meine Essgewohnheiten und die Liebe zu üppigem Grillgut nicht sogar steigern sollte. Vielleicht habe ich dann das Glück und komme im nächsten Leben als dickes Gottesanbeterinnen-Weibchen zur Welt.
Aber ich wollte doch auf das Leben in der Vulkaneifel zurückkommen.
Auf dem Weg Richtung Auto untersuche ich noch einmal die Büsche am Wegrand. Ich kann es selber kaum glauben, als ich am Fuße eines Strauches, mitten zwischen den Stängeln, eine Bewegung sehe: Ein Gottesanbeterinnen-Pärchen! Ganz vorsichtig drücke ich einige Grashalme beiseite, um die liebestrunkenen Insekten etwas besser fotografieren zu können. Ich habe unglaubliches Glück, denn das Weibchen fühlt sich trotz meiner Behutsamkeit gestört und krabbelt, mit dem Männchen auf dem Rücken, ein Stück (wenige Zentimeter) den Hang hinauf, um an einem Lavabrocken innezuhalten. So lassen sich die beiden wunderbar fotografieren! Es ist sehr selten, dass Insekten so viel Ahnung von der Fotografie haben.
Klar, dieser Bericht ist nur ein winziger Ausschnitt vom Leben auf dem Vulkan. Es gibt hier in der Vulkaneifel so viele Arten von Fauna und Flora, dass ich demnächst unbedingt auch einmal zu anderen Jahreszeiten die Vulkaneifel besuchen muss. Natürlich werde ich dann wieder berichten.
Hallo Ronald, sehr schöner Bericht Hab herzlich gelacht, deine Schreibweise ist einfach himmlisch.
Euch noch einen schönen Urlaub und liebe Grüße an Eka
Bis bald
Liebe Heidi,
vielen Dank für Deinen Kommentar und die Urlaubswünsche. Wir sind wieder gesund aus dem Urlaub zurück.
Liebe Grüße
Ronald
hallihallo, du Glücklicher, ich hatte vor 3 Jahren über das Vorkommen gelesen, war letztes Jahr mal dort, nichts gefunden, außer einem (fast) zahmen Reh.
Da werde ich mich diese Woche nochmal aufraffen, vielleicht hab ich Glück, Gruss
Hallo Lothar,
dann wünsche ich Dir viel Glück!
Viele Grüße
Ronald