Vor vier Jahren war ich das letzte Mal im Ochsenmoor am Dümmer (siehe: „Pralles Leben im Norden Teil I – Im Ochsenmoor“). Heute, unter gemäßigten Coronaverhältnissen und unmäßigen (Sprit-)Preisen wollen Peter und ich nach langer Zeit wieder eine größere „Rutsche“ (wie Peter immer sagt) machen. Um 2:30 Uhr morgens (ich habe so gut wie nicht geschlafen) steht Peter vor der Tür und wir fahren Richtung Diepholz.
Es ist noch ziemlich dunkel, als wir gegen 6 Uhr im Ochsenmoor am Dümmer ankommen. Auf dem noch einsamen Wanderparkplatz „Südufer“ begießen wir erst einmal einige der umliegenden Wald-Wildpflanzen. Nach der anhaltenden Trockenheit ist das für diese sicherlich eine recht zweifelhafte Wohltat…
Wir bereiten unsere Fotoausrüstung vor, um auf unseren Runden im Ochsenmoor am Dümmer aus dem Fahrzeug heraus fotografieren zu können. Einer von uns auf dem Fahrersitz, der andere auf der Rückbank. Kurz nach 6 Uhr treffen wir uns mit zwei befreundeten Fotografen aus der Heimat, die bereits seit zwei Tagen hier sind und uns erst einmal über den aktuellen Stand der Vogelwelt im Ochsenmoor am Dümmer informieren.
Um 6:30 Uhr geht es dann los. Wir drehen die ersten Runden durch das Gelände. Mit fortschreitender Uhrzeit wird die Kolonne der kreisenden Fotografen-Fahrzeuge immer länger. Aber die Vögel im Ochsenmoor am Dümmer sind das wohl inzwischen gewohnt und lassen die Knipserei geduldig über sich ergehen. Sie wissen, dass ihnen nichts passieren kann, solange die Menschen sich nur auf den erlaubten Wegen fortbewegen.
Bevor Radfahrer und Rollerblader eintreffen, können aus dem Auto heraus die verschiedensten Vögel auf den Zaunpfählen am Wegrand abgelichtet werden. Danach lassen sie sich dort jedoch leider kaum noch blicken. Sie ziehen sich auf die Feuchtwiesen hinter den Zäunen zurück.
Kurz nachdem der Weg rechts abknickt, entdecken wir ein Braunkehlchen. Etwa hundertfünfzig Meter weiter will uns ein Schilfrohrsänger mit seinem Gesang etwas mitteilen. Ich verstehe aber leider kein Wort.
Am Schluss unserer ersten Runde treffen wir auf eine ganze Horde von Fasanen. Vor einiger Zeit konnte ich den Kölner Karnevalsprinzen davon überzeugen, dass sich das traditionelle Tragen von Fasanen-Schwanzfedern an seiner Narrenkappe nicht mit dem Artenschutz verträgt (siehe: Dreigestirne – Kölle Alaaf (karneval.de)). Ich habe die Schwanzfedern kurzerhand mitgenommen, um sie ihrem ursprünglichen Besitzer zurückzugeben. Das arme Tier hat sich echt gefreut! Jetzt frisst es auch wieder!
Eine Runde durch das Ochsenmoor am Dümmer ist ca. 8 km lang. Davon aber nur 3,5 km „Fotostrecke“. Für diese 3,5 km brauchen wir in unserer ersten Runde etwa eine Stunde. In der zweiten Runde bereits 2,5 Stunden, dann jeweils mehr als 3 Stunden! Immer mehr entdecken wir.
Vor allem aber halten wir uns lange bei den Kampfläufern auf.
In diesem Jahr sind nämlich gefühlt wesentlich mehr Kampfläufer vor Ort als bei meinen Ochsenmoor-Besuchen zurückliegender Jahre. Die Männchen bilden schon langsam ihr Prachtkleid aus und ab und zu beobachten Peter und ich bereits Balzverhalten. Schade, dass die Tiere im Mai in ihre nördlichen und nordöstlichen Brutreviere weiterziehen werden. So muss man mindestens bis Dänemark fahren, um die Kampfläufer-Balz in ihrer vollen Pracht mitzuerleben.
Ich beobachte einen Kiebitz bei der Futtersuche und beim Baden. Die Vögel bestechen durch ihre enorme Flugkünste und ihr wunderschönes irisierendes Gefieder.
Ein Rotschenkelmännchen macht ein Weibchen voll an. Aber sie hat offensichtlich keinen Bock – oder sie steht, im Gegensatz zu ihm, nicht auf rote Schenkel. Vielleicht hat Madame auch Migräne. Jedenfalls gibt das Männchen irgendwann vorerst auf. Vielleicht kann er sie nach einem ausgiebigen Bad besser überzeugen…
Auf Anraten von Achim wollen Peter und ich eigentlich bis zum Sonnenuntergang ausharren, um Kampfläufer & Co. im Abendlicht zu fotografieren. Es ist inzwischen 15 Uhr und uns überkommt langsam die Langeweile. Die Vögel sind satt und träge, lassen sich kaum noch blicken. Das Licht ist schon lange nicht mehr schön.
Ein Lichtblick sind die beiden Seeadler, die plötzlich über uns hinweg ziehen. Ein Grund mehr für die übrige Vogelwelt, sich zu verkrümeln. Leider erwische ich die Raubvögel mit der Kamera nicht optimal.
Lachmöwen und Kormorane sammeln Nistmaterial und transportieren es per Luftfracht zu ihren Baustellen.
Auf einer der Wiesen neben dem Weg hält ein Kiebitz-Pärchen Wache. Sobald eine Möwe oder z.B. auch ein Rotschenkel über das Gelände fliegt, wird der Eindringling angegriffen. Da ich aber nicht sehe, dass einer der beiden Kiebitze brütet, deutet das aggressive Verhalten auf Küken hin. Durch mein Fernglas kann ich sie endlich gut getarnt entdecken.
Um 16:45 Uhr entschließen wir uns, die 280 km weite Heimreise anzutreten. Auch ohne Ochsen im Ochsenmoor am Dümmer gesehen zu haben. Zum Abschied fotografiere ich noch schnell eine Bachstelze, die sich am Aussichtsturm des Dümmer-Südufers aufhält.
Gegen 20:15 Uhr bin ich wieder zu Hause. Schnell noch die Tagesereignisse mit meiner besseren Hälfte ausgetauscht, dann übertrage ich ungeduldig die mehr als 2600 Fotos auf die gequälte Festplatte meines Computers, um anschließend die Bilder zu sichten.
Nachdem mir vor lauter Müdigkeit mein Kopf auf die Computertastatur geknallt ist und ich seitdem in Spiegelschrift „QWERTZU“ auf der Stirn stehen habe, falle ich gegen 1 Uhr todmüde ins Bett – eine wahrhafte Ochsentour.
Hallo Ronald,
eine beeindruckende Serie von Wasservögeln hast du zusammen
gebracht. Macht Freude sie anzuschauen und spornt an es Dir gleich zu tun.
Herzlichst
Bernd
Hallo Bernd,
lieben Dank für Deinen Kommentar!
Ja, ein Besuch im Frühlings-Ochsenmoor lohnt sich immer!
Aber das ist nichts gegen die Gelegenheit, Pirole am Nest zu fotografieren. Das werde ich Dir nicht vergessen…
Liebe Grüße
Ronald
Hallo Ronald,
da hast du ja eine ordentliche Fahrt hinter dich gebracht.
Aber die Strecke hat sich wirklich gelohnt.
Das Ochsenmoor war mir zwar ein Begriff, aber ich wusste gar nicht, dass man da mit dem Auto durchfahren kann … das ist ja toll.
Aus dem Auto heraus lässt sich so manches viel besser fotografieren.
280 km sind ja eine ordentliche Strecke *uff* Von mir sind es zwar 30 km weniger, aber trotzdem.
Mal sehen, vielleicht komme ich ja auch irgendwann mal dort hin.
Vielen Dank für deinen tollen Artikel mal wieder.
LG Frauke
Hallo Frauke,
vielen Dank für Deinen Kommentar!
Das Ochsenmoor ist im Frühling immer eine Reise wert.Gib mir Bescheid wenn Du vorhast, dort hinzufahren.
Liebe Grüße
Ronald
Mensch Ronald, das ist ja wieder ein toller Bericht. Wo hast du bloß das Talent zum Schreiben her? Wunderbar!!!!
Habe laut lachen müssen, über die zurückgebrachte Fasanschwanzfeder. Das hast du klasse gemacht, endlich kann er wieder glücklich sein und weiter fressen:-)))
Aber es gibt schon tolle Tierarten und deren Lebensweise, kennt man so gar nicht.
Super und LG
Heidi
Hallo Heidi,
vielen Dank für Deinen Kommentar!
Schon in der Schule hatte ich einen humorvollen Schreibstil, der aber von den Lehrern nie honoriert wurde. Beispiel Bildbeschreibung: „Auf dem Bild ist ein Hund mit einem Mann. Eine Frau schimpft, weil der ein Bein hebt und gegen ein Haus pinkelt“ – Ende des Aufsatzes. So habe ich die Angelegenheiten mit knappen, präzisen Worten in fünf Minuten auf den Punkt gebracht, wofür die Mitschüler die ganze Schulstunde und mehrere Seiten Text benötigt haben. Meine Nachhaltigkeit (Zeit-, Papier- und Tintenersparnis) wurde damals nie belohnt. Im Gegenteil…
Liebe Grüße
Ronald